Das neueste Buch über Donald Trump gewährt uns Einblicke in das Innenleben einer zutiefst gestörten Familie, an deren Spitze mit Fred C. Trump ein vermutlich soziopathischer Monarch stand.
Die gestörte Vater-Sohn-Beziehung ist ein neues Motiv, das die Moderne von all den Jahrtausenden davor unterscheidet. Zuvor war das
Verhältnis zwischen Eltern und Kindern klar. Vor allem der Vater galt als autokratischer Herrscher über seine Familie. Alle seine Kinder versuchten, es ihrem ‚alten Herrn‘ recht zu machen.
Keinem außer Donald Trump sollte es (einigermaßen) gelingen. Während Fred Trump seine Töchter ignorierte, scheiterte sein Erstgeborener daran, ein Ebenbild sienes Vaters, ein 'Killer' zu werden.
Doch, was dabei herauskommt, wenn man es einem Soziopathen (oder Psychopathen) wie Fred C. Trump recht macht, ist natürlich eine zutiefst gestörte Persönlichkeit, da ein Soziopath nur Härte kennt
und nur Härte zu schätzten weiß.
Deutlich wird der Wandel des Verhältnisses von Vater und Sohn z.B. in den Darstellungen der neutestamentlichen Geschichte des verlorenen Sohnes im 18. Jahrhundert in Großbritannien und seinen amerikanischen Kolonien. Während der wiederkehrende Sohn in der britischen Version vor seinem Vater niederkniet, der seine Zerknirschung huldvoll wie ein Fürst entgegennimmt, begegnen sich Vater und Sohn in der amerikanischen Version auf Augenhöhe. Die Vater-Sohn-Beziehung begegnet einem hier nicht als gestörte. Sie erscheint lediglich modifiziert. Aus traditioneller Sicht allerdings ist das der Anfang vom Ende der ‚heiligen‘ Ordnung. Fortan wird es der innigste Wunsch jedes Sohnes sein, seinem Vater auf Augenhöhe zu begegnen. Viele werden daran scheitern aber dennoch oder gerade dadurch historische Bedeutung erlangen.
In die Populärkultur hält der Vater-Sohn-Konflikt spätestens seit den 50er Jahren Einzug. Wichtig ist hier etwa „Denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Nicholas Ray, 1955) mit dem unsterblichen James Dean in der wohl legendärsten seiner wenigen Filmrollen als junger Rebell. In der Biographie vieler Amerikaner verursacht aber bereits die Wirtschaftskrise in den 1920 und frühen 30er Jahren einen Bruch. Die gescheiterten Existenzen vieler Väter machen sie in den Augen ihrer Söhne als Vorbilder ungeeignet. Gehen wir in der amerikanischen Geschichte weiter zurück, finden wir schon im 18. und 19. Jahrhundert Unternehmerfiguren wie Johann Jakob Astor (den ersten Multimillionär der USA) und John D. Rockefeller, die von ihren Vätern verlassen oder vernachlässigt worden waren. Auch Walt Disney sah seinen Vater mehr als einmal geschäftlich scheitern und erhielt von ihm keine moralische Unterstützung bei seinem Vorhaben, den Komikfilm zu revolutionieren.
Auch die Western der 50er und 60er Jahre stellen den Helden als einsamen Kämpfer dar, von dem man sich kaum vorstellen kann, dass er überhaupt einen Vater hat. Wenn im Western überhaupt Vaterfiguren auftauchen, handelt es sich meist um Bösewichte, reiche Rancher, die armen kleinen Farmern ihr Land wegnehmen wollen und meist einen nichtsnutzigen und missratenen Sohn instrumentalisieren (also gewissermaßen Fred und Donald Trumps, wie im Buch „Too Much and Never Enough“ der Trump-Nichte Mary L. Trump minutiös geschildert).
In den 70er und 80er Jahren hält dann mit dem Duo Darth Vader und Luke Skywalker in Star Wars die ultimative Ikone einer gestörten Vater-Sohn-Beziehung Einzug in die Kinos und Herzen zahlloser Jungen und bescherte uns eines der berühmtesten Filmzitate aller Zeiten: „Luke, ich bin dein Vater.“
Im Bruch mit dem eigenen Vater liegt immer auch die Chance, es anders, vielleicht auch besser zu machen. Diesem Umstand hat die Moderne ihre Flexibilität und Wandlungsfähigkeit zu verdanken aber auch ihre Getriebenheit und Sehnsucht nach einer heilen Welt. Donald Trump nutzt diese Sehnsucht bei seinen Anhängern und stilisiert sich gerne zum Cowboy. Er gleicht dabei tatsächlich eher Frankensteins Monster, mit dem Utnerschied, dass dieses Monster sich selbst geschaffen hat, um schließlich von der Menge auf den Armen getragen zu werden.