Hier veröffentliche ich die Skripte meiner Ansprachen und Vorträge. Die Präsentationen meiner Vorträge gibt es hier zum Download (aus
rechtlichen Gründen wurden die meisten Bilder entfernt).
Als 1979 Ridley Scott Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden
Welt, einen Film über eine Schiffsbesatzung, die nach und nach von einem
außerirdischen Monster getötet wird, zwei Jahre nach Star Wars in die
Kinos brachte, trug er zur Begründung eines neuen Genres maßgeblich bei,
das bis dahin eine Randexistenz gefristet hatte. Die Zusammenarbeit mit
H.R. Giger machte diesen Film zu einem künstlerischen Kleinod seines
Genres. In diesem Vortrag wird es um die existenziellen Themen von
Angst, Tod, Sexualität, Gewalt und Perfektion, Betrug, Gier und
Skrupellosigkeit gehen, all dies im unendlichen Raum des menschlichen
Daseins.
Als 1979 Ridley Scott Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden
Welt, einen Film über eine Schiffsbesatzung, die nach und nach von einem
außerirdischen Monster getötet wird, zwei Jahre nach Star Wars in die
Kinos brachte, trug er zur Begründung eines neuen Genres maßgeblich bei,
das bis dahin eine Randexistenz gefristet hatte. Die Zusammenarbeit mit
H.R. Giger machte diesen Film zu einem künstlerischen Kleinod seines
Genres. In diesem Vortrag wird es um die existenziellen Themen von
Angst, Tod, Sexualität, Gewalt und Perfektion, Betrug, Gier und
Skrupellosigkeit gehen, all dies im unendlichen Raum des menschlichen
Daseins.
Das Thema der Epidemie plagt uns seit einem Jahr auf besondere Weise.
Das Genre des Science-Fiction befasst sich damit spätestens seit der
Übernahme des Zombie-Motivs aus dem Horror durch Viren als
Erklärungsansatz. Aber auch in anderen Science-Fiction-Filmen und Serien
spielen Epidemien immer wieder eine Rolle. Dieser Vortrag beleuchtet die
politischen, sozialen, ethischen und wissenschaftlichen Aspekte des
Phänomens der Epidemie anhand von Beispielen aus dem
Science-Fiction-Genre.
Als sich Gene Roddenberry 1966 an die Schreibmaschine setzte und eine Handvoll Schauspieler in ausgedienten Hollywood-Kulissen platzierte, hätte er sich wahrscheinlich nicht träumen lassen, dass seine Welt voller Spezies, Kulturen, astronomischer Phänomene, philosophischer, moralischen, sozialer und politischer Dilemmata, denen sich ein Forscherteam stellen muss, noch 54 Jahre später eingefleischte "Trekkies" wie Durchschnitts-Zuschauer in seinen Bann ziehen würde. Dieser Vortrag soll einigen der genannten Dilemmata nachforschen und philosophische Gehalte in Star Trek aufspüren.
1978 brachte George Lucas mit "Eine neue Hoffnung" Episode IV als ersten Teil einer geplanten Nonalogie mit dem Titel Star Wars (Krieg der Sterne) in die Kinos und löste für alle Beteiligten überraschend ein Science-Fiction-Fieber aus, das mit Ronald Reagans "Star-Wars-Project" auch die Welt-Politik beeinflussen sollte. Dieser Vortrag soll vor allem den religiösen, politischen und philosophischen Elementen dieses Werkes nachgehen und seine Bedeutung für die Entwicklung des Science-Fiction und der Wissenschaft aufdecken.
Seit es Menschen gibt, träumen sie, vielleicht auch von einem besseren Leben. Während dieses zunächst vor allem im Jenseits vermutet, gewusst oder erhofft. Die abrahamitischen Religionen glauben daran, dass dieses Jenseits sich eines Tages, am „jüngsten Tag" mit dem Diesseits vereinen werde. Zusätzlich oder darüber hinaus arbeiten viele Menschen an der Verwirklichung ihrer Visionen im Diesseits. Ob „Grundeinkommen für Alle", die Besiedelung des Meeresbodens, Raumstationen oder eine Welt, die mit sauberer Energie angetrieben wird – die Beispiele für konkrete Utopien sind zahllos. In diesem Vortrag sollen einige von ihnen ebenso vorgestellt werden wie die Geschichte der Utopie. Er soll auch ein Licht auf die Frage werfen, warum Utopien gerade in jüngster Zeit wieder Konjunktur haben.
Mi., 14.11.2018 19:30 Uhr
VHS Dortmund, Hansastraße 2, 44137
Braucht der Islam eine Aufklärung? Diese Frage beschäftigt im Westen seit langem Vertreter verschiedener politischer Lager und wissenschaftlicher Richtungen. Viele behaupten, der Grund für den islamistischen Terrorismus sei ein Fehlen jenes Prozesses, den der Westen im 18. Jahrhundert durchlaufen habe. In diesem Vortrag soll untersucht werden, wie sich das Verhältnis von Glaube und Vernunft in der islamischen Welt im Laufe der Jahrhunderte gestaltet hat und ob die Forderung einer islamischen Aufklärung gerechtfertigt und sinnvoll ist.
Di., 11.09.2018, 20:00 Uhr
VHS Duisburg, Steinsche Gasse 26, 47051
Mi., 19.09.2018 19:30 Uhr
VHS Dortmund, Hansastraße 2, 44137
Obwohl sich Christentum und Islam als Religionen der Liebe und des Friedens darstellen, ist ihre Geschichte von Gewalt und Krieg geprägt. Andere Religionen wie der Buddhismus genießen zum Teil zu Unrecht den Ruf der Friedfertigkeit. Mit dem Begriff des „Kampf[es] der Kulturen“ prägte Samuel Huntington 1996 einen mittlerweile geflügelten Begriff. Demnach würden nach dem Untergang der großen Ideologien, Konflikte vor allem dort ausbrechen, wo Religionen auf einander träfen. Seine Prognosen trafen weitgehend ein. Andererseits predigen viele Religionen auch Frieden. Dieser Vortrag gibt Einblick in das enge Verhältnis von Religion und Gewalt rund um die Welt und durch die Zeit.
Di., 09.10.2018, 20:00 Uhr
VHS Duisburg, Steinsche Gasse 26, 47051
Der Kosmismus ist eine geistige Strömung, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Russland entstand. Die Kosmisten (auch Biokosmisten) übernahmen die Versprechen der Religion von universeller Gerechtigkeit und ewigem Leben, wollten diese aber mit den Mitteln der modernen Wissenschaft und Technik einlösen. Dabei kamen sehr detaillierte und radikale Visionen von alternativen Formen des Lebens und Zusammenlebens heraus. Dieser Vortrag gibt Einblick in die bunte und kompromisslose Gedankenwelt dieser wenig bekannten Denkrichtung und wirft einen Blick auf den Stand der Unsterblichkeitsforschung heute.
Di. 27.11.2018 20:00 Uhr
VHS Duisburg, Steinsche Gasse 26, 47051
In seinem neuesten, 2011 und 2014 in zwei Bänden erschienenen Werk zeichnet der Politologe Francis Fukuyama, der in den 90ern durch seine These vom 'Ende der Geschichte' Furore machte, die
Geschichte des Staates nach, von seinen Anfängen in kleinen Gruppen und Stämmen über die Staaten Indiens, Chinas und die islamischen Staaten des Nahen Ostens bis hin zur modernen Demokratie.
Dieser Vortrag soll einen systematischen Überblick über dieses umfangreiche Werk geben, die historischen Exkurse des Autoren in einen größeren Kontext einordnen, mit Karten und Abbildungen
anschaulich machen, und so dazu beitragen, die Welt, in der wir Leben besser zu verstehen.
Es handelt sich bei dieser Veranstaltung um einen Vortrag, nicht um eine Matinee! Deshalb ist die Veranstaltung entgeltfrei!
Termin: Donnerstag, 04.10.2018
Kosten: entgeltfrei €
Ort: VHS Löwenhof, G233
Hansastr. 2 - 4
44137 Dortmund
In dieser Veranstaltung wird ausgehend von Arbeiten des britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins ("Das egoistische Gen", "Der Gottes-Komplex"), und anderen wissenschaftlichen Autoren Einblick in Theorien gegeben, die menschliches Handeln und Gesellschaft in der Tradition Darwins vollständig aus der Wirkung unserer biologischer Erbanlagen, unserer Gene also, erklären wollen und den Menschen nur als "Executor" seiner Gene sehen, also als Ausführenden eines biologischen Programms. Dabei werden die wichtigsten aller Fragen behandelt wie: Brauchen wir Religion? Wozu ist Freiheit gut? Warum tun Menschen Gutes? Was bedeutet Glück?
Termin: Sa. 04.03.2017 (11:00 - 14:00 Uhr)
Kosten: 15,00 €
Ort: VHS Löwenhof, G233
Hansastr. 2 - 4
44137 Dortmund
Farah Nourinejadfard wurde im Iran geboren und studierte Kunst und Innenarchitektur in Teheran und Isfahan. An der FU Isfahan hat sie Zeichnen und Malstile unterrichtet, unterhielt ein Atelier in Isfahan und war Eigentümerin der Werbeagentur „Nema“. Daneben arbeitete sie im Trickfilmstudio von Abolfazi Razani in Teheran. Sie war Vorsitzende der „Isfahan Painter Society“, die sie, seit sie 2008 nach Deutschland gekommen ist, hierzulande vertritt. Neben ihrem Studium der Architektur an der Hochschule Bochum unterrichtet sie dort die „Grundlagen des Zeichnens und der Malerei“ und arbeitet als freiberufliche Künstlerin in Bochum. Ihre Kunst stellte sie bereits bei zahlreichen
Ausstellungen im Iran, aber auch in Italien und Deutschland aus.
Einige der Bilder, die Sie in dieser Ausstellung sehen können, wurden bereits zuvor ausgestellt, andere fertigte Frau Nourinejadfard eigens zum Zweck dieser Ausstellung an. Sie werden den Unterschied zwischen den älteren und neueren Bildern höchstens an der Veränderung des Malstils erkennen können, nicht aber an der Stimmung und nur teilweise an den Motiven. Denn die Themen, denen sich die Ausstellung widmet, die wir heute eröffnen, haben in jüngster Zeit wieder traurige Aktualität erlangt. Sie sind aber keineswegs neu, sondern beschäftigen die Künstlerin leider bereits einen Großteil ihres Lebens und künstlerischen Schaffens lang. Anders als der Großteil der Menschen, die dieser Tage zu uns kommen, floh die Künstlerin nicht vor unmittelbarer Gewalt oder drohendem Tod. Nichts desto weniger floh sie vor Gewalt und Tod, einer subtilen aber dennoch allgegenwärtigen Gewalt und dem Tode anderer, dem Tode jener, die im Krieg zwischen Iran und Irak sinnlos ihr Leben ließen. Doch warum ließen sie es?
Im Erdgeschoss, dessen Thema „Zwang“ lautet, sehen Sie im Portrait eines Diktators mit dem Titel 'Feierabend' exemplarisch einen der Gründe dafür. Dieses Bild wurde eigens für die Ausstellung „Gegensätze“ angefertigt, die während des Sommersemesters im Musischen Zentrum der Ruhr-Universität Bochum zu sehen war. Dort genießt Muammar al-Gaddafi seinen 'Feierabend' als Diktator in lässigem Trainingsanzug und angenehmer Umgebung, die einen Garten andeutet. Im Kontrast zur Harmlosigkeit der Merkmale eines kleinbürgerlichen bis proletarischen Lebens erscheint die Grausamkeit, die sich auch im grimmigen Gesichtsausdruck des Despoten widerspiegelt, umso unverständlicher und schockierender. Damit wird uns vor Augen geführt, dass der Wahnsinn in den Alltag eines jeden eingreifen kann.
Die dargestellten Menschen sind, wie beinahe alle menschlichen Figuren in dieser Ausstellung, gesichtslos und schemenhaft. Sind sie ihrer Identität beraubt? Vermutlich stimmt das. Aber nicht nur ihr Geschick und höhere Gewalten sind dafür verantwortlich. Auch die Künstlerin hat sie ihrer Eigenarten beraubt, so dass sie stellvertretend für Viele stehen können, auch für uns selbst, die wir uns in ihnen wie in unserem eigenen Schatten erkennen. Sie sind in weißen Linien gefangen, die man als Zäune deuten könnte. Es kann jede Art von Beschränkung gemeint sein.
Im ersten Obergeschoss folgt mit dem Thema der „Flucht“ eine der Konsequenzen des Zwanges, der damit zum Zwang zur Flucht wird. So war es im Fall der Künstlerin, die vor den psychischen und sozialen Deformationen floh, die das Regime in ihrer Heimat verursachte. Wir finden hier Bilder, die durch die Medien für das Phänomen der Flucht emblematisch, ja symbolisch geworden sind: Massen, sich schemenhaft zusammen und durch die Landschaft drängender menschlicher Gestalten, zusammengepfercht auf einem Schiff in Schieflage oder verloren in einer unwirklichen Landschaft von Vogelschwärmen widergespiegelt und bedroht. Wir wollen in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass auch aus der Mitte Deutschlands, aus unseren Städten und Straßen heraus im vergangenen Jahrhundert Vertreibung und Verschleppung erfolgten, dass uns also mit diesem Thema sehr viel mehr verbindet als Nachrichten und Flüchtlingsunterkünfte: das ist zum einen Verantwortung zum anderen aber auch, dass wir nie mit etwas ganz abgeschlossen haben, dass sich uns alles, was für die menschliche Natur essentiell ist, jederzeit aufdrängen, uns einholen kann.
Im zweiten Obergeschoss finden wir nun den Grund, aus dem die meisten derer, die heute zu uns kommen, ihrer Heimat den Rücken zukehren: Krieg, also unmittelbare, körperliche Gewalt. Wie die seelische und psychische Gewalt führt auch sie zu Deformationen, zunächst zu körperlichen. Die Bilder, die sie in diesem Teil der Ausstellung sehen, sind nichts für zart besaitete Gemüter. Sie erinnern uns an Bilder, die heute wieder im Internet kursieren und auf denen Körperteile aus Trümmern ragen. Wir sehen Teile menschlicher Körper deplaziert und zusammenhangslos. Dieser Anblick wirkt verstörend und, ist man ihm nicht durch das Medium der Kunst, sondern, wie die Künstlerin selbst dereinst, unmittelbar ausgesetzt, überträgt sich die Zerrüttung der menschlichen Materie auf die Seele des Betrachters. Da ist einfach nichts mehr an seinem Platz, wie es war oder sein sollte. So wie die Gewalt des Krieges die Teile des Körpers zerstreut, zerstreut die Flucht vor ihr, die wir im 1. OG sahen, die Menschen, sorgt dafür, dass auch sie nicht mehr dort sind, wo sie hingehören, wo sie sein wollten.
Doch anders als die Teile des menschlichen Körpers ist der Mensch nicht nur Teil einer Gemeinschaft, ohne die er nichts wäre. Er ist auch ein Individuum, wenn auch zutiefst von der Gemeinschaft geprägt, in der er aufgewachsen, in die er hineingewachsen ist. Und so sehnt er sich nach diesem für ihn ursprünglichen Zusammenhang, wie wir im Seminarraum sehen können.
Aber diese Gemeinschaft, in der er laufen, sprechen und mit Anderen mitzufühlen und zu denken gelernt hat, ist immer und zuerst eine menschliche Gemeinschaft. Und Menschen gibt es auf der Erde überall. Gemeinschaften gibt es in vielfältiger Form. Da ist die Kulturgemeinschaft, der man auch dort angehören kann, wo sie nicht beheimatet ist, gerade dann, wenn man auf Landsleute trifft oder auf heimische Kost. Da sind die Tätigkeiten, die man liebt, für die und von denen man lebt, wie gerade im Falle Frau Nourinejadfards, die Kunst. Da sind diejenigen, die das lieben, was man selbst liebt usw.
Und so kann man auch in der Fremde zuhause sein und die Sehnsucht nach einer neuen Heimat, einer Heimat, die besser ist, als die verunstaltete, die man verlassen hat, kann sich auch und gerade in der Fremde erfüllen, wenn auch nicht in jeder Fremde. Der Mensch war in der Geschichte seiner Existenz immer wieder fremd, darum ist er überall. Und weil er überall ist, ist er nirgends allein und nirgends wirklich fremd, nirgends vielleicht auch wirklich daheim.
"Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.“ sagte einst der deutsche Schriftsteller Christian Morgenstern. Um verstanden zu werden, ist die Beherrschung der Sprache des Landes, in dem man sich befindet, hilfreich aber nicht ausreichend. Die Kunst kann hier sehr viel weiter helfen.
Und so hoffen wir in der Cafeteria, deren Bilder dem Thema Hoffnung gewidmet sind, dass wir nach einem aufmerksamen Gang durch diese Ausstellung nicht nur die Künstlerin besser verstanden haben, sondern alle, die die Not zu uns treibt und alle, die jemals getrieben waren oder sind, zuletzt damit natürlich uns selbst.
Farah Nourinejadfard wurde im Iran geboren und studierte Kunst und Innenarchitektur in Teheran und Isfahan. An der FU Isfahan hat sie Zeichnen und Malstile unterrichtet, unterhielt ein Atelier in Isfahan und war Eigentümerin der Werbeagentur „Nema“. Daneben arbeitete sie im Trickfilmstudio von Abolfazi Razani in Teheran. Sie war Vorsitzende der „Isfahan Painter Society“, die sie, seit sie 2008 nach Deutschland gekommen ist, hierzulande vertritt. Neben ihrem Studium der Architektur an der Hochschule Bochum unterrichtet sie dort die „Grundlagen des Zeichnens und der Malerei“ und arbeitet als freiberufliche Künstlerin in Bochum. Ihre Kunst stellte sie bereits bei zahlreichen Ausstellungen im Iran, aber auch in Italien und Deutschland aus.
„Mit der Erfindung Kunst reich über Hoffen begabt treibt's zum Guten ihn bald und bald zum Bösen“ dichtete der Athener Sophokles vor zweieinhalb Jahrtausenden über den Menschen. Das größte Geschenk an den Menschen sind also nicht irgendwelche Techniken, sondern ist die Erfindungskunst selbst - falls sie denn von den Göttern stammen sollte! Feuer, Kultur und mit ihnen wohl auch seine Erfindungsgabe hat der Mensch aber nach Ansicht der alten Griechen nicht aus sich selbst heraus entwickelt. Vielmehr ist sie ihm verliehen worden. Der Hauptverdächtige der griechischen Sagenwelt in dieser Sache ist ein gewisser Prometheus.
Prometheus (zu deutsch „der Vorausdenkende“) ist der Sohn der Titanen Iapetos und Klymene oder, nach anderer Überlieferung des Uranos und der Gaia, also von Himmel und Erde selbst. Unter seinen Brüdern sind die bekanntesten Atlas, der das Himmelsgewölbe trägt, und Epimetheus (zu deutsch „der Nachdenkende“), in dessen Gesellschaft er das Siegel der Ruhr-Universität Bochum ziert. Wie sein Name nahelegt, ist Prometheus von Beruf Erfinder und Ingenieur. Sie kennen sicher einige seiner bekanntesten Erfindungen wie das Rad, die Töpferei, die Schrift und vieles mehr und haben sicher schon einmal das ein oder andere seiner Produkte benutzt. Berühmt geworden ist er jedoch durch das Feuer. Prometheus ist dafür bekannt, dass er den Göttern das Feuer stahl, um es den Menschen zu bringen. Man muss allerdings dazusagen, dass er auch daran Schuld war, dass das Feuer den Menschen genommen worden war. Bei dem ersten Opfer, das die Menschen jemals darbrachten, fungierte Prometheus – ob gebeten oder ungefragt ist nicht bekannt – als fragwürdiger Berater der Menschen und schichtete aus den geopferten Rindern zwei Haufen auf: auf den einen häufte er das Fleisch der geschlachteten Tiere und bedeckte es mit ihren Häuten, auf den anderen häufte er die Knochen und bedeckte sie mit leckerem Fett.
Nun sollte Zeus der „Vater der Götter und Menschen“, der Herrscher über Himmel und Erde einen Haufen wählen. Prometheus ging natürlich davon aus, dass Zeus den leckeren Fettberg wählen würde, müssen die Unsterblichen doch weder Arteriosklerose noch Diabetes fürchten und können essen, was sie wollen, ohne zuzunehmen. Der allwissende Zeus durchschaute natürlich die List, stellte sich aber dumm und wählte den Berg aus Fett, um Prometheus vor aller Augen reinzureiten. Nachdem er den Betrug aufgedeckt hatte, bestrafte er zunächst nicht Prometheus, sondern die Menschen, indem er ihnen das Feuer und damit die Lebensgrundlage entzog. Denn zusammen mit dem Opfer und der Ehe (für die Prometheus' Bruder Epimetheus durch die Erschaffung der Frau verantwortlich sein soll – ein Übel, das die alten Griechen nicht müde wurden zu beklagen) betrachteten die Griechen das Feuer als Grundlage der menschlichen Existenz. Das Feuer unterscheidet also den Menschen vom wilden Tier, die Kultur erhebt ihn über die Natur. Uns heute Lebenden müsste Zeus also den Strom abdrehen und das Benzin abschaffen um uns etwas Vergleichbares anzutun!
Um seine Dummheit wieder gut zu machen, nahm der „Vorausdenkende“ Prometheus einen Stengel und entzündete ihn am Feuer des Sonnengottes Helios. Der Coup gelang und die Menschen erhielten das Feuer wieder. Diesmal aber platzte Göttervater Zeus der Kragen und er bestrafte nicht die Menschen, sondern endlich einmal den Schuldigen: Prometheus selbst. Er lies ihn vom Gott der Schmiedekunst Hephaistos an den Kaukasus schmieden und einen Adler Tag für Tag seine göttliche Leber heraus hacken, die natürlich – wie bei Göttern üblich - binnen eines Tages wieder nachwuchs. Als Zeus fand, dass er seine Strafe abgebüßt habe, begnadigte er Prometheus schließlich und nutzte die Gelegenheit, damit sein Sohn Herakles eine weitere Heldentat auf sein Konto schreiben konnte, indem er Prometheus befreite.
Es ist nun die Frage, ob wir Prometheus diese Erfindung zu verdanken haben, die er da in Händen hält, ob er uns nach den Segnungen des Feuers, der Schrift und so vieler anderer Kulturgüter auch dieses Mittel der Kommunikation, ja dieses Sinnbild des gegenwärtigen Zeitalters beschert hat oder ob er – ebenso wie wir - neugierig aber ebenso ein wenig ratlos, ein wenig überfordert auf dieses Werkzeug, dieses Spielzeug schaut. Er hat womöglich nicht kommen sehen, was der Mensch aus Feuer, Schrift und Schmiedekunst dereinst machen würde, als er ihm diese Gaben in die Hände legte. Er mag sich denken: „dafür habe ich an den Hängen des Kaukasus geschmort, dafür bin ich von ihnen befreit worden, damit Zeus mich mit seinen SMSen terrorisieren kann?“. Er muss erst einmal die Daten-Brille aufsetzten und sich das genauer anschauen, sich mehr Informationen verschaffen, das Ganze ein bisschen Googeln. Denn er ist nicht mehr Erfinder, hat sich zur Ruhe gesetzt. Er ist jetzt Schüler wie wir alle. Was er aber wirklich denkt und fühlt, verbirgt seine Daten-Brille vor uns.
Prometheus wurde von den antiken Athenern als Kulturbringer gefeiert. Das Feuer, das nicht nur in seinen Anfängen eine göttliche Naturgewalt war – es stammt ja der Sage nach von der Sonne – sondern immer göttlich, immer Natur geblieben ist - das Feuer jedenfalls hat er nicht erfunden, sondern gestohlen. Tatsache ist aber auch, dass Zeus Prometheus zwar bestrafte, seinen Diebstahl aber nicht rückgängig machte. Hatte er dafür womöglich gute Gründe? Steckte hinter der Zurückhaltung des Zeus gegenüber dem Menschen vielleicht ein gewiefter Plan, der zum Ziel hatte, die Menschen in ihr eigenes Verderben rennen zu lassen? Ist das Feuer, sind die Technik und Kultur, für die es symbolisch steht, letztlich Schläfer, im Grunde nur göttliche Agenten im Feindes-, im Menschenland?
Die Automatisierung jedenfalls, von der die Griechen nur verstohlen träumten, und die in der Beherrschung des Feuers ihren Anfang nahm, hält unsere Gesellschaft mittlerweile in festem Griff. Der englische Philosoph (oder sollte man sagen: der englische Prometheus?) Sir Francis Bacon, der im 16. Jhdt. die Grundlagen der modernen Wissenschaft und Technik legte, träumte von einem Perpetuum Mobile, einer Maschine, die sich aus eigenem Antrieb ewig bewegen, ewig Arbeit verrichten würde, ohne jemals zu ermüden. Er selbst empfand seinen Traum als blasphemisch, als Angriff auf die Ehre und Allmacht Gottes. Aber hat die Automatisierung den Göttern oder dem einen Gott wirklich Macht geraubt oder nicht vielmehr zurückgegeben? Machte die Automatisierung den Menschen im 19. Jhdt. noch zu einem Teil einer erbarmungslosen Maschinerie und zwang sie ihn, sich – für einen Hungerlohn - dem Diktat der Effizienz und der Gleichförmigkeit zu beugen, so droht sie ihm heute mit dem Ausschluss aus dieser Maschinerie als Höchststrafe, mit Überflüssigkeit, Arbeitslosigkeit, mit Hartz IV. Zugleich beraubt sie ihn dabei zwar nicht der Fähigkeit aber der Möglichkeit zur Reflexion, denn - wie Berthold Brecht Macheath in der Dreigroschenoper singen lässt: "Erst kommt das Fressen, dann die Moral" – und die Hand, die einen füttert beißt man schließlich nicht. Wer über dieses Spiel nachdenkt, wird aus dem Spiel ausgeschlossen und muss vom Spielfeldrand zuschauen. So bleibt auch Prometheus am Ende nichts anderes übrig als mitzuspielen und sich dem Diktat des modernen Spielzeugs zu beugen. Und es ist fraglich, wer dieses Spiel gewinnen wird: die Natur (und mit ihr die Götter, denn Sonne und Mond, Himmel und Erde und mit ihnen alle Erscheinungen der Natur sind ja schließlich Gottheiten) – oder aber der Mensch. Am Ende wird durch sein Spielzeug vielleicht gar nicht der Mensch, Herr über die Natur, wie von ihm und Prometheus erhofft, sondern umgekehrt: die Natur Herrin über den Menschen geworden sein, wird sich der Mensch selbst an den Kaukasus geschmiedet haben, den Kaukasus seines klugen Spielzeugs! Und die Götter werden lachend danebenstehen – wie gesagt: nur vielleicht.